
Ich war perfekt vorbereitet. Der Info Nachmittag meiner Hebamme zum Thema Beikosteinführung fand mit ein paar interessierten Neu-Mamas bei mir zu Hause statt, die Stifte waren gespitzt, der Einkaufszettel war schnell geschrieben. Ich war hoch motiviert (übermotiviert?!). Natürlich sollte der Brei für mein Baby bio sein und auf jeden Fall lecker! Alles easy peasy - ich hatte so Bock drauf!! Auf zum nächsten Edel-Supermarkt, Bio Rindfleisch für 16,90 EUR gekauft, dazu "vergoldete" Bio Möhren und Kartoffeln. Bevor ich dann zu Hause das gute Rindfleisch in Würfel geschnitten und mit Wasser in den Kochtopf gegeben hatte, wollte mein Mann mich mit Tränen in den Augen noch ein paar Mal überzeugen, doch noch lieber schnell den Grill für das edle Fleisch anzuwerfen. Ich blieb hart. Ich wirbelte hoch motiviert in der Küche herum, als gut vorbereitete Mama hatte ich natürlich im Vorfeld im Internet viele Behälter zum einfrieren von Babynahrung gekauft. Das wertvolle Öl für 9 EUR stand bereit, die erste Portion Brei war gerade frisch zubereitet. Voller Vorfreude und mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht bot ich Mini den ersten Löffel feinsten Bio-Kartoffel-Karotten-Breis an und......? Er schob mit seiner kleinen süßen Zunge alles immer wieder aus seinem Mund heraus! Tagelang versuchte ich es, aber der kleine Prinz hatte irgendwie NULL BOCK AUF BREI. Seine Vorliebe für das heilige Gesöff namens Muttermilch wurde mit jedem Löffel, den er auf sich zukommen sah, größer und größer. Sein Mund war wie mit Pattex verklebt, er presste seine Lippen fest aufeinander. "Gut, dann lassen wir es langsamer angehen!" dachte ich und gab ihm noch etwas Zeit.
Nach einer kleinen Pause von mehreren Wochen, startete ich erneut einen Versuch. Jetzt probierte er schon etwas mehr, ich war überglücklich! Doch schon nach ein paar Löffeln war Ende Gelände. Diese Brei-Situation zog sich dann Monate so weiter. Mal lief es besser, mal schlechter. Die Fortschritte waren in meinen Augen minimal. Lange kamen wir nicht über zwei halbe bis dreiviertel Breimahlzeiten am Tag hinaus. "Dann ist er wohl nicht der Brei-Typ.", dachte ich mir und forschte im Internet nach Alternativen. Schnell stoß ich auf das Thema "Baby-led-weaning". Ich fand natürlich etliche Bücher zu diesem Thema mit den Titeln "Breifrei durchs erste Jahr" und "Brei ist doof!" - oder so ähnlich. Hörte sich für mich nach genau dem an, was wir brauchten. Bestellt, gelesen, gekocht. Mini beäugte mit großen Augen die liebevoll vorbereiteten Gemüsesticks und Kartoffelstückchen. Er nullte hier und da ein wenig herum, legte aber alles wieder weg. Auch hier habe ich Stunden verbracht, leckere Vollkorn-Quark-Ecken zu backen - um sie dann am Ende des Tages alle selbst zu essen. :/ ...So kam es also, dass unser Mini in seinem ersten Lebensjahr kaum "richtig" gegessen hat. Das hat mir sehr oft Sorgen bereitet. Aber zum Glück gab es da ja auch noch Mamas Milch, verhungern musste er also schonmal nicht! :D
Um mich herum beobachtete ich Babys, die ihre Schnäbelchen weeeeeeeeit aufsperrten, sobald sie irgendwo Nahrung erahnten. Ich muss zugeben: ich war ziemlich neidisch auf die anderen Mütter. Das sah so....... einfach aus?! Wieso funktionierte das bei Allen und bei mir nicht?! (Eine Frage, die man sich irgendwie zu mehreren Themen irgendwann stellt.) Ich suchte bei mir die "Schuld", dass es nicht voran ging. Das Essen bzw. NICHT ESSEN wurde schließlich für mich zum Reizthema. Irgendwann vereinbarte ich einen Termin bei einer Ernährungsberatung für Babys und Kleinkinder. Die nette Dame in der Frauenklinik hat sich wirklich für uns Zeit genommen, und gab mir durchaus hilfreiche Tipps zum ganzen Thema. Auch wenn er dadurch nicht von heute auf morgen plötzlich reingehauen hat, war dieser Termin wirklich Goldwert! Im Gespräch versicherte mir die liebe Frau, dass ich nich alleine bin und dass es oft einfach auch am Temperament/Willen des Kindes liegt. Es war nunmal einfach so. Das Interesse am Essen wurde von so vielen anderen neuen Dingen überstrahlt, dass es für Mini einfach nicht den Stellenwert hatte, wie für mich.
Oft habe ich mich gefragt, ob er genug Nährstoffe und Kalorien zu sich nimmt, laut Gewichtskurve war er immer knapp vor dem Untergewicht. Und so gab es für mich auch bald die ersten Ausnahmen in Sachen Zucker. Als er an seinem ersten Weihnachtsfest ziemlich erkältet war, hat er tagelang kaum etwas zu sich genommen, worüber wir wirklich sehr besorgt waren. Und als wir so in der Familienrunde am Nachmittag alle um einen Tisch saßen, griff er plötzlich nach einem Vanillekipferl - und es hat ihm sichtlich geschmeckt! :D So kam es, dass wir nicht mehr ganz so die Öko-Hippie-Bio-Eltern raushängen ließen (Meine Mama hat sich deswegen eh immer über mich gewundert... :D) und Mini probieren durfte, was er wollte - naja fast. Ich machte irgendwann auch wieder einen Versuch mit Gläschen - fand auch ein paar, die er nach einer Weile mal besser und mal schlechter gegessen hat und mit der festeren Nahrung ging es dank seiner vielen Zähne auch immer mehr voran.
Auf einer Veranstaltung linste er immer wieder auf unsere Currywurst - ich dachte, das sei viel zu scharf für ihn - dann griff er zu und schwupps hatte er den ersten Happen im Mund. Was soll ich sagen... Er fand das toll! :D Später folgten OLIVEN (seine Leibspeise!!), Tomaten, Essiggurken, BROKKOLI (er kann es kaum aussprechen, aber er würde dafür jeden Keks liegen lassen!), Mandarinen sowieso, Kartoffeln mit Gemüse oder Spinat, mal ein Stückchen Kuchen, Spaghetti Bolognese, Maultaschen, Thunfischsalat, Rührei, Melone.... Niemals hätte ich gedacht, dass sein Speiseplan freiwillig so viel Obst und Gemüse enthält! Die meisten Mamas kämpfen ja eigentlich dafür, dass das Kind mal was Grünes isst... :D
Und ich werde immer wieder aufs Neue von ihm überrascht: bei einem Spielnachmittag sagte ich ihm, er dürfe sich ein Stückchen Kuchen aussuchen. Wir gingen gemeinsam zum reichlich mit den leckersten Kuchen gefüllten Buffet - und was hat er ausgewählt?! Er zeigte mit dem Finger auf einen Teller und sagte "Apfel haben!". Also aß ich einen Kuchen und er einen Apfel. Er ist einfach unglaublich!!! Als ob er selbst genau wüsste, was gut für ihn ist. Ich liebe ihn so sehr für seinen eigenen Kopf. :D
Nach einer so sorgenvollen Anfangszeit in Bezug auf das Essen und die Gewichtszunahme sind wir seit einer Weile endlich im grünen Bereich und es läuft ziemlich gut. Darüber freue ich mich so sehr, das kann man sich gar nicht vorstellen! :) Wenn man mich fragt, hat das ziemlich lange gedauert, aber er hat eben in Allem sein eigenes Tempo, seinen eigenen Kopf. Und das ist auch gut so. Nur das musste ich eben auch erst mal lernen! Vor allem wenn es um einen herum nur so von hungrigen "Bio-Babys" wimmelt. :)
Hier zeigt sich wieder einmal, dass das Vergleichen mit anderen Kindern nichts bringt und einen nur völlig Kirre machen kann. Lasst es bleiben. Eure Kinder und eure Nerven werden es euch danken.
Da uns das Thema Essen mit unserem Mini so lange beschäftigt hat, war es für mich völlig klar, dass ich bei der Blogparade von das Elternhandbuch teilnehme. Schaut doch mal rein!
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Nicole (Sonntag, 15 Oktober 2017 19:18)
Hey Cathy,
tolle Geschichte, vielen Dank dafür! Und ein toller, kleiner Gourmet. Wer braucht schon Öko-Hippie-Bio-Eltern? ;)
Lieben Gruß
Nicole vom Elternhandbuch