Meine Vorstellung vom Mama sein und wie ich jetzt bin | Attachment Parenting

Bevor ich Mama wurde, war mir immer eines völlig klar: ich werde die gelassenste und coolste Mama überhaupt! Ich war mir sicher, dass ich unabhängig bleiben will, viel Zeit für mich freiräume, viel Sport treibe und Hobbies nachgehe.

 

Ich beobachtete immer andere Mütter, als ich unseren Mini noch im Bauch trug - und ich hatte ehrlich gesagt oft im Sinn, wie ich das alles regeln würde - natürlich würde ich trotzdem noch abends meinen Mädelsabend mit meinen kinderlosen Freundinnen einhalten, natürlich würde ich das mit dem Erziehen locker-flockig hinbekommen, gesund kochen, immer super lustig und pädagogisch wertvoll mit meinem Kind spielen, das Kind alle paar Wochen übers Wochenende zu den Großeltern geben, damit das Leben als Paar nicht zu kurz kommt.... äääääääh ja! Und Genauso kam es...... NICHT! :D

 

Nicht dass ich eine schlechte Mutter wäre - aber ich muss heute wirklich sehr schmunzeln, wie naiv ich früher in dieser Hinsicht war. Trotzdem weiß man es halt aber erst, wenn man selbst Mutter geworden ist!

 

Ein Hoch auf alle Mütter: unser Job ist einer der anstrengendsten der Welt! Wir haben einen 24/7 Service für dreckige Wäsche, frisch gekochtes Essen (oder so ähnlich :D), Kuscheleinheiten, Tröstende Worte, wenn wieder mal die Tischkante im Weg war, Einschlafhilfe, Streicheleinheiten bei Fieber, Zahnen, Schnupfen, Erkältungen und Albträumen. Wir sind für unsere Kinder schlichtweg die Nummer 1. Das ist wunderschön! Und anstrengend! Die eigenen Bedürfnisse kann man erst einmal hinten anstellen. Wie oft habe ich im Bett mit voller Blase ausgeharrt, um Mini nicht aufzuwecken. Wie oft habe ich Verabredungen abgesagt, weil es Mini nicht gut ging.

 

Als Nicht-Mutter hätte ich früher gesagt - wenn es so läuft, dann läuft aber einiges Falsch! Nein. Sicher kann man einige Dinge verbessern, indem man Kleinigkeiten verändert. Und daran arbeiten, dass man Freiräume hat und sich selbst treu bleiben kann. ABER meine Meinung ist nun auch, dass ganz viel vom Kind abhängt. Mini ist ein sensibles Kind, er kann für sein Alter schon sehr viel: er konnte vor seinem ersten Geburtstag laufen, das Sprechen hat auch nicht lange auf sich warten lassen. Und so viel wie er von seiner Umwelt wahrnimmt, so sehr beschäftigt ihn das auch. Und als Anker im stürmischen Gewässer dieser aufregenden Welt braucht er mich. Seine Mama. Außenstehende sehen mich vielleicht als Glucke. Ein bisschen was davon habe ich auch mit Sicherheit :D. Aber ich beobachte mein Kind sehr genau und ich sehe einfach, wie sensibel er in Phasen ist, in denen er jeden Tag etwas neues lernt und kennen lernt. Er muss oft LIEBE AUFTANKEN, kommt immer wieder zu mir und kuschelt sich an mich. Er baut so mit mir seinen Stress ab. 

 

Wir haben oft unruhige Nächte. In schwierigen Phasen wacht er bis zu 10 Mal auf - er träumt viel und verarbeitet so das Erlebte, und er spricht auch manchmal im Traum, daher kann ich erahnen, was ihn manchmal in der Nacht unruhig werden lässt. (Was er mit Papa gespielt hat, der Bagger von der Baustelle gegenüber, dass jemand weggeht ohne ihn, Oma, Opa, Erlebnisse in der Spielgruppe) Und diese unruhigen Nächte sind auch mitunter der Grund, warum es so schwer ist, ihn über Nacht zu den Großeltern zu geben! Momentan kann ihm nicht einmal nachts der Papa helfen. Es MUSS einfach die Mama sein! Auch das zu Bett gehen ist zu Zeit nur mit mir höchstpersönlich möglich. Das war auch einmal anders. Erst die letzten Tage haben wir wieder einmal Einschlaf-Versuch mit Papa gestartet - das Ende von der Geschichte war, dass er so lange nach Mama geweint hat, dass er sich übergeben musste. :( Und das obwohl sein heiß geliebter Papa ihn im Arm hatte.

 

"Einfach ins kalte Wasser werfen!" bekomme ich gelegentlich als Tipp... Danke dafür, bloß.... Sorry, aber ich denke, das würde Mini aktuell das Herz brechen! Mag sein, dass ich zu weich bin und deshalb auch mein Kind so auf mich fixiert ist. Theoretisch klingt das richtig plausibel. Im echten Leben ist es für mich aber halt einfach keine Option - ihn zu bestrafen, weil er mich braucht. Das kann man mit weniger sensiblen Kindern mit Sicherheit so handhaben, ohne dass sie es einem übel nehmen. Aber ich möchte das nicht.

 

Ich lebe schon irgendwie nach dem Motto "geborgen Wachsen", zwar habe ich mit dem Begriff ATTACHMENT PARENTING bisher eher wenig am Hut gehabt, aber nachdem ich vor kurzem zufällig einen Blogpost zu diesem Thema gelesen habe, trifft schon das ein oder andere auf mich zu. Aber irgendwie ganz von alleine, instinktiv und ohne zu behaupten, mich damit richtig auszukennen. Muss ich auch nicht. Für mich passt das alles schon so ungefähr so wie es ist. Ein wenig mehr Freiraum ab und zu wäre nett. Da arbeiten wir aber dran und Mini geht jetzt öfter zur Oma - ohne die Mama. Und bis jetzt klappt es super!

Und spätestens wenn die Pubertät kommt, werde ich mich nach den kuscheligen Stunden mit Mini sehnen. Und daran denken, wie schrecklich kurz diese PHASE doch im Rückblick war. Jetzt, in diesem Moment ist einfach nichts andere wichtiger, als für ihn da zu sein.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Susanne (Dienstag, 14 November 2017 10:42)

    Hi, du sprichst mir aus der Seele! Genau wie du hatte ich vor der Entbindung ganz genaue Vorstellungen davon, wie alles laufen würde. Ich wäre total gechillt, alles wäre pädagogisch wertvoll, das Essen IMMER gesund, er würde mit 6 Monaten vom Beistellbett ins Kinderbett ziehen und von dort aus mit ca. 1. Jahr in sein Kinderzimmer. Ach ja, Zeit für Sport, Freundinnen, Kino,... hätte ich natürlich auch regelmäßig.
    Nun ist er 2, schläft im Familienbett, geht ohne Mama nicht ins Bett u wenn ich einmal abends weg bin, dann erzählt er Papa, dass er auf mich wartet u das hält er auch fast durch.
    Aber, auch wenn ich manchmal natürlich gern etwas mehr Zeit für mich hätte, bin ich glücklich, dass es so ist, wie es ist.